Das Geschäftshaus Köbberling Elektronik 1952 -2002; Sillerstraße 28, Kassel

Bilanz 1950-2002

Die Unternehmensgeschichte
von Folke Köbberling

Die 53-jährige Unternehmensgeschichte des Kasseler Unternehmens „Köbberling Elektronik“ beginnt mit der Selbstständigkeit von Daniel Köbberling. Er gründet 1950 ein Elektro- und Elektronikfach-geschäft in der Schillerstraße 30, ungefähr fünf Gehminuten vom Kasseler Hauptbahnhof entfernt. Das Warensortiment des Geschäfts setzte sich vorwiegend aus sogenannter Weiß- und Braunware und einigen wenigen Elektronikkomponenten zusammen. 1952 erhält das Geschäft mit einem neu errichteten Flachbau in der unmittelbar angrenzenden Schillerstraße 28 eine räumliche Erweiterung. Der Sohn Dieter Köbberling tritt 1958 als Elektroingenieur dem Unternehmen bei und übernimmt 1965 den Betrieb. In den Folgejahren expandiert „Köbberling Elektronik“ vom kleinen Familienunternehmen zu einem mittelständischen Unternehmen mit über 35 MitarbeiterInnen. Kerngeschäft der „Köbberling Elektronik“ ist ab 1968 der Handel mit Elektronikware, wie zum Beispiel Kondensatoren, elektrische Widerstände und elektronische Bauteile. 1972 wird „Köbberling Elektronik“ als erster Kasseler Selbstbedienungsladen – kurz „SB“genannt – für Elektronik und Elektrotechnik eingeführt.

Da das Unternehmen an seinem bisherigen innerstädtischen Standort aus allen Nähten platzt, gibt es Ende der 70er Jahre konkrete Pläne, den Betrieb in ein Gewerbegebiet am Stadtrand umzusiedeln und dort räumlich deutlich zu expandieren. In Waldau, dem größten Gewerbegebiet im Kasseler Osten, ist eine Baufläche bereits gekauft und eine Halle im Stil von Möbel Hübner und IKEA in Planung gegeben. Zu Beginn der 80er Jahre kommt es in der Elektronikbranche jedoch zu einem schwerwiegenden und für das Unternehmen einschneidenden Konjunkturwechsel. Viele kleine Firmen, die von „Köbberling Elektronik“ beliefert werden, müssen Insolvenz anmelden. Außenstände können nicht mehr bezahlt
werden. Das Unternehmen „Köbberling Elektronik“ gerät in kürzester Zeit in extreme finanzielle Schwierigkeiten. Zudem schießen zeitgleich Elektrodiscounter, wie Brinkmann, Media Markt und Saturn aus dem Boden, die mit einer ruinösen Preispolitik nahezu dem gesamten Einzelhandel den Boden wegziehen. Dieter Köbberling ist gezwungen, nach und nach die gesamte Belegschaft bis auf einen Mitarbeiter „betriebsbedingt“ zu entlassen.
Seit 1990 führt er das Geschäft in der Schillerstraße 28 bis zur Geschäftsaufgabe im Frühjahr 2002 alleine weiter.

Im Jahr 2000 werde ich, Dieter Köbberlings älteste Tochter, von Thomas Imhoff und Matze Schmidt in die Produzentengalerie Kassel eingeladen, um in den Räumen der Galerie eine künstlerische Arbeit zum Themenkomplex Ökonomie, Kunst, Technik durchzuführen und zu präsentieren. Die Produzentengalerie befindet sich zu dieser Zeit im Kasseler Stadtzentrum, unmittelbar neben der Haupteinkaufsmeile Königstraße, in einer teilweise leerstehenden 70er-Jahre-Ladenpassage. Dort, inmitten des Kasseler Hauptgeschäftszentrums eröffne ich im Mai 2000 die temporäre Filiale des alteingesessenen, schlecht gehenden Elektronikladens meines Vaters „Köbberling Elektronik“.
Ich übernehme vom Stammsitz des Geschäfts das Ohm-Zeichen als Logo, richte die Filiale mit Regalen ein, die ich mit verschiedensten Arten von elektrischen Widerständen fülle.
Auf einer Präsentationsfläche drapiere ich zwei Megaphone und ein Rollregal, das ich mit Spraydosen gegen statische Aufladung ausstatte. Drei Wochen lang betreibe ich die „Köbberling-SB-Filiale“. Während dieser Zeit protokolliere ich alle Gespräche mit den Besuchern und Kunden.
Die Dokumentation dieser Gespräche veröffentliche ich in der Broschüre „Köbberling-SB-Filiale“.
Nachdem mein Vater im Frühjahr 2002 das Geschäft aufgibt, vermacht er mir den gesamten Restbestand, den ich nun zur freien Verfügung habe.


Von da an arbeite ich an Strategien und Überlegungen, das Familienunternehmen „Köbberling Elektronik“ effizient, lukrativ und realistisch zu reaktivieren und in den Markt wieder zurückzuführen. Hierfür steht mir ein Inventar von mehreren Tausend elektrischen Widerständen, ebenso viele Einkaufstüten, das Logo Köbberling Elektronik“ und die bereits von mir und meiner Familie geleistete Arbeitszeit zur Verfügung.
Um das Unternehmen Köbberling Elektronik in der heutigen Zeit als Künstlerin weiterzuführen, initiiere ich die –“Tagesfiliale Köbberling Elektronik“ – eine temporäre, flexible und mobile Verkaufseinheit.